Frequenzweichendesign für Lautsprecher

Die meisten Lautsprecher(boxen) enthalten mehrere Lautsprecher(chassis). Ganz typisch sind dabei zwei Lautsprecher, nämlich ein Hochtonlautsprecher und ein Tieftonlautsprecher.

Mehrere Lautsprecher helfen dabei, die Wiedergabe möglichst in allen Frequenzbereichen perfekt zu gestalten. Zur Perfektion gehören die gleiche Lautstärke über den Frequenzbereich, geringe nichtlineare Verzerrungen, geringes Nachschwingen der Membran und nicht zuletzt ein akzeptabler Wirkungsgrad.

Um also die Frequenzen so auf die Lautsprecher zu verteilen, dass jeder Lautsprecher die Frequenzen wieder gibt, für die er gebaut ist, wird eine Frequenzweiche benötigt (dies kann sowohl eine aktive wie auch eine passive Weiche sein).

Weitere Erklärungen zur Entwicklung eines Lautsprechers sind im Theorie- oder im praktischen Teil zu finden.

Nachfolgend wird erklärt, wie man eine Frequenzweiche für hervorragende Lautsprecher entwickelt. Die Frequenzweiche beeinflusst ganz maßgeblich das Zusammenspiel der beteiligten Lautsprecher(chassis).

Aufgaben der Frequenzweiche

Die Frequenzweiche hat die Aufgabe:
A) den Schall frequenzabhängig auf die Lautsprecher zu verteilen
B) die Fehler der Lautsprecher dabei auszugleichen
C) den Übergang zwischen den Lautsprechern möglichst unauffällig zu gestalten

A) Die Schallverteilung

Ein Lautsprecher reproduziert den Schall in einem kleinen Frequenzbereich meist sehr viel besser, als über 3 Zehnerpotenzen (20-20 000 Hz). Daher teilt man den Frequenzbereich meist in 2 oder 3 Bereiche auf, so dass jeder Lautsprecher nur etwa eineinhalb Zehnerpotenzen (bei 2 Lautsprechern) oder etwa eine Zehnerpotenz (bei 3 Lautsprechern) abdecken muss.

B) Fehler der Lautsprecher ausgleichen

Ein Lautsprecher ist kein ideales Gebilde - ganz im Gegensatz zu einem guten Verstärker 1), einem Widerstand 1) oder einem Lautsprecherkabel 1). Seine Lautstärke schwankt frequenzabhängig extrem stark, sein Widerstand und somit seine Leistungsaufnahme schwankt oft um Faktor 2 bis 5 über den Frequenzbereich, sein Phasengang, seine Resonanzen sind ebenso weitgehend durch die Frequenzweiche auszugleichen.

Dazu ist jedes einzelne Bauteil der Weiche optimal für den Lautsprecher zu dimensionieren. Frequenzweichen nach Bessel, Butterworth, Linkwitz Riley sind nur erste Ansätze um ein erstes Weichendesign zu erhalten. Dann sind alle Bauelemente an die Gegebenheiten des Lautsprechergehäuses und der Lautsprecher(chassis) anzupassen (siehe auch Gespräch mit Dr. Joseph D'Appolito)

1) Diese zeigen im hörbaren Frequenzbereich einen konstanten Frequenzgang, kaum nichtlineare Verzerrungen, und kaum Nachschwingen.

C) Den Übergang zwischen den Lautsprechern möglichst unauffällig gestalten

Der Übergang zwischen zwei Lautsprechern soll so sein, dass die Lautstärke über die Frequenzen gleich bleibt, die Phase beider Lautsprecher im Übergang zueinander passt (was man am Übergangspunkt daran erkennt, dass die Einzelpegel 6 dB unter dem Gesamtpegel liegen).

Passt die Phase beider Lautsprecher im Übergangspunkt nicht zueinander, dann kommt es bei Verschiebung des Hörpunkts parallel zur Verbindungsachse beider Lautsprecher zu unerwünschten starken Lautstärkeänderungen.

Schaltungsgrundtypen in der Frequenzweiche zur Hoch- oder Tieftonbegrenzung


Weichentyp
vereinfachtes
Schaltbild

(mit Lautsprecher als reinem Wirkwiderstand)
Phase
minimal

(tiefe Frequenz)
Phase
maximal

(hohe Frequenz)
Erklärung
6 dB Hochpass-Weiche 6 dB Hochpass -90 ° 0 °
 
 

Wie zu sehen ist, nimmt die Phase mit steigender Frequenz (im mathematischen Sinn) zu.

Die Phasenverschiebung an sich wäre unproblematisch, wenn sie proportional zur Frequenz wäre, denn das ist genauso, als stünde der Lautsprecher einfach ein paar cm weiter hinten im Raum.

6 dB Tiefpass-Weiche 6 dB Tiefpass 0 ° 90 °
12 dB Hochpass-Weiche 12 dB Hochpass -180 ° 0 °

Genau das macht aber eine Frequenzweiche nicht. Über große Strecken ändert sie ihre Phase überhaupt nicht, dann im Trennbereich ändert sich die Phase wie links beschreiben: Je steiler die Weiche, umso größer ist die Änderung.

12 dB Tiefpass-Weiche 12 dB Tiefpass 0 ° 180 °
18 dB Hochpass-Weiche 18 dB Hochpass -270 ° 0 ° Dadurch werden unterschiedliche Frequenzanteile in einem Klang unterschiedlich verzögert. Der Klang zerfällt, was jedoch die meisten menschlichen Ohren kaum wahrnehmen. Nach unserer Erfahrung hören dies nur etwa 20% der Menschen.
18 dB Tiefpass-Weiche 18 dB Tiefpass 0 ° 270 °

Weitere Schaltungsgrundtypen in der Frequenzweiche


Weichentyp
vereinfachtes
Schaltbild

(mit Lautsprecher als reinem Wirkwiderstand)
Phase
minimal

(tiefe Frequenz)
Phase
maximal

(hohe Frequenz)
Erklärung
Bandpass Bandpass -180 ° 180 ° Der Bandpass setzt sich aus Hoch- und Tiefpass (hintereinander geschaltet) zusammen. Er lässt nur einen mittleren Frequenzbereich hindurch. Somit eignet er sich besonders für Mitteltonlautsprecher in einer 3- oder 4-Wege Frequenzweiche.
Widerstandsteiler Widerstandsteiler 0 ° 0 ° Der Widerstandsteiler reduziert die Lautstärke des Lautsprechers. Er wird vorwiegend beim Hochtonlautsprecher eingesetzt (Ein Rechner dazu). Beim Einsatz mit Mittel- und Tieftonlautsprecher werden leistungsstarke, große Widerstände benötigt; außerdem wird die Resonanz des Basses betont (tritt deutlicher hervor, was meist eine negative Auswirkung auf den Klang hat).
Sperrkreis Sperrkreis 0 ° 0 ° Der Sperrkreis filtert Übertreibungen (Resonanzen des Lautsprechers) in einem mittleren Frequenzbereich weg. Je kleiner der Widerstand ist, desto schwächer ist die Absenkung an der Resonanzfrequenz (Ein Rechner dazu). Er hat einen Phasengang (über die Frequenz) der je nach Bemessung des Widerstands größere oder kleinere +/- Werte überstreicht.
Saugkreis Saugkreis 0 ° 0 ° Der Saugkreis eignet sich wie der Sperrkreis zur Dämpfung von Resonanzen. Er wird gerne bei Tieftonlautsprechern eingesetzt, die durch eine harte Membran (Aluminium, Magnesium) oberhalb des Frequenzbereichs, der wiedergegeben werden soll, sehr deutliche Resonanzen aufweist, die nur mit steilen Filtern zu dämmen sind (Ein Rechner für seine Impedanz).

Aus oben gezeigten Grundtypen setzt sich eine Frequenzweiche zusammen.

Vorgehen beim Erstellen einer Frequenzweiche

Zur Entwicklung einer Frequenzweiche empfehlen wir nachfolgendes Vorgehen:

Sonderformen einer Frequenzweiche

Dabei bedeuten viele Bauelemente nicht unbedingt einen starken Eingriff, wie es beispielsweise ein 18 dB Hoch- oder Tiefpass (siehe oben) bewirken.

Durch die Kombination mehrerer Kreise, die aber keine 18 dB oder 24 dB Frequenzweiche darstellen kann deren Wirkung sehr sanft ausfallen. Ein Beispiel hierzu mit sehr sanftem Übergang zeigt nachfolgendes Schaltbild.

Alcone Lagrange 98

Die vielen Bauelemente täuschen also etwas ganz anderes vor - man denkt: Hier wird aber stark eingegriffen; das Gegenteil ist der Fall!

Die Frequenzweichenbauteile bilden zusammen mit den Lautsprechern ein System, das nur sehr sanft den Frequenzgang und auch nur sanft die Phase beeinflusst. Somit werden Impulsivität, Dynamik und Originaltreue der Musik sehr gut reproduziert.

Man kann unter Berücksichtigung der Lautsprecher kaum eine weniger eingreifende Weiche erstellen: Diese Weiche erzielt auch eine absolut gleich laufende Phase des Hoch- und des Tieftöners über viele Oktaven um den Übergangsbereich.