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Dipole und Raumklang

Gerd Lommersum Gerd Lommersum,
Chef von ASE,
Scan Speak-Deutschland Vertretung
Berater für viele Hersteller
Er hat viele phantastische Boxen entwickelt wie: Quintadena 1, MPR 2 MXT, MPR 2 DAP-XT, Lagrange XT, Pascal ...

immer wieder werden Dipole diskutiert; hier eine umfassende Diskussion, die sehr viele Aspekte beleuchtet.

Peter Strassacker befragte dazu
Gerd Lommersum (9/2005)
 
 

Einleitung

Peter:
Gerd, wo ist der Unterschied zwischen Dipol und konventionellem Lautsprecher?

Gerd:
Der Dipol bezieht den Raum stärker mit ein, da er auch nach hinten Schall abstrahlt, der als reflektierter Schallanteil aus dem Raum wieder an das Ohr gelangt. Das andere Extrem ist ein Nahfeldmonitor, der eine gute Bündelung aufweist. Liegt die Abhörposition nahe am Lautsprecher so ist der Raumeinfluss relativ gering.

Peter:
Wie verhält sich ein Dipollautsprecher abhängig von seiner Aufstellung im Raum?

Gerd:
Der Dipol strahlt auch nach hinten; über die Wände gelangen seine Reflexionen zum Hörer. Der reflektierte Schallanteil ist abhängig vom Abstand Dipol zur Rückwand und von ihren Absorptionseigenschaften.

Peter:
Worauf ist dabei zu achten?

Gerd:
Die Reflexion sollte nicht zu dicht der ersten Schallfront folgen. Eine Aufstellung direkt neben der Wand oder direkt an der Rückseite des Raumes ist also nicht sinnvoll. Ein Abstand von mindestens einem Meter ist empfehlenswert.

Peter:
Der Dipol sollte also eher recht frei stehen?

Gerd:
Ja, für einen typischen Dipol ist dies sehr sinnvoll, aber Sinn ist es reflektierende Wände und insbesondere die rückwärtige Wand mit einzubeziehen.

Konstruktionsschwächen der meisten Dipole

Peter:
Welche Konstruktionsmerkmale sind beim Dipol zu beachten?

Gerd:
Der klassische Dipol (elektrostatischer Flächenwandler) strahlt nach vorn und hinten das gleiche Signal, jedoch 180 Grad phasengedreht ab. Bei einem Konuslautsprecher, der als Dipol genutzt werden soll, ist dies jedoch völlig anders. Der Magnet verdeckt einen Großteil der Membran, der Korb behindert die Abstrahlung es kommt zu Kompressionseffekten. Nachfolgend ist dies am Beispiel Vifa 10 BG 120 in 200 mm breiter Schallwand gemessen.
  Vorn/Hinten

Bild oben: Man erkennt den völlig anderen Frequenzgang auf der Rückseite mit Übertreibung bei 1,5 und 2,5 kHz und den starken Abfall des Pegels zu höheren Frequenzen mit Übertreibung bei 7 und 20 kHz.

Wenn das Geld zur Verfügung steht, sollte der Dipol daher auch für die Rückseite ein vollwertiges Lautsprecherchassis haben. Das heißt man sollte den Dipol durch zwei Lautsprecher in Push-Pull Anordnung realisieren, falls das Geld dafür zur Verfügung steht.

Peter:
Wie stark sollte der Dipol nun nach hinten abstrahlen?

Gerd:
Hat der Lautsprecher großen Wandabstand, dann kann der Pegel durchaus ähnlich dem nach vorn abgestrahlten sein - rückt er aber Richtung Rückwand, dann sollte er deutlich geringer sein. Somit wäre der Wunsch, dass der Kunde den Pegel selbst einstellen kann - dies geht natürlich auch nur bei einem separaten Lautsprecher zur rückseitigen Abstrahlung.

Dipol für welche Frequenzen?

Peter:
Welche Frequenzabhängigkeiten spielen hier eine Rolle?

Gerd:
Bei tiefen Frequenzen haben Dipole einen deutlich geringeren Wirkungsgrad (Details hier). Ihr Vorteil ist die geringere Anregung der Raummoden.

Bei hohen Frequenzen wird ein Breitbänder, der rückseitig abstrahlt, sicher kein hochwertiges Signal erzeugen (Bild oben).

Wie sieht ein optimaler Dipol aus?

Peter:
Und wie kommt man nun zu einem Dipol der alles berücksichtigt:
- Subwoofer im Tieftonbereich
- für die rückwärtige Abstrahlung ein eigenes Chassis
- Für die Raumaufstellung einen anpassbaren Pegel für den rückwärtigen Schall

Gerd:
Man nehme Dipo 1 (Bemerkung 2016: leider nicht mehr lieferbar), den ich vor kurzem konstruiert habe. Trotz Einsatz konventioneller Konustreiber kommt man derart der Schallabstrahlung klassischer offener Flächenwandler am nächsten.

Peter:
Vielen Dank, Gerd.

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